02/07/2024 0 Kommentare
Wie wird Ehrenamt in der Kirche attraktiv(er)? - Rückblick auf die Frühjahrs-Kreissynode 2023
Wie wird Ehrenamt in der Kirche attraktiv(er)? - Rückblick auf die Frühjahrs-Kreissynode 2023
# Synoden

Wie wird Ehrenamt in der Kirche attraktiv(er)? - Rückblick auf die Frühjahrs-Kreissynode 2023
Was für eine Lautstärke! So rege wurde am späten Freitagabend auf einer Kreissynode selten diskutiert. Doch im Saal der Lietzenseegemeinde gab es am vergangenen Wochenende gar kein Aufreger-Thema, sondern offenbar eines, für das die Synodalen sich selbst nach einem langen Arbeitstag begeistern konnten: "Engagement und Ehrenamt aktiv gestalten".
"Das Thema ist zentral für unsere Kirche, weil sie auf die Dualität von Haupt- und Ehrenamt setzt", sagte Präses Annette Niederfranke. Gut erkennbar ist das an den Zahlen, die Dr. Christiane Metzner, Studienleiterin für Ehrenamt im Amt für kirchliche Dienste (AKD), für ihren Impuls mitgebracht hatte: 46.565 Menschen arbeiten ehrenamtlich in der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) - ob in der Redaktion der Gemeindezeitung, als Besuchsdienst im Krankenhaus oder im Gemeindekirchenrat. Verglichen mit den beruflich Mitarbeitenden sind sie um ein Vielfaches in der Überzahl.
"Reinrutschen und 30 Jahre mitmachen" wird nur noch selten der Fall sein
Doch Ehrenamtliche, die in der Gemeinde in eine Aufgabe hineinwachsen und dann 30 Jahre lang das Kirchencafé, den Kinderkreis oder die Suppenküche am Laufen halten, wird es nicht mehr lange geben: So wie der Eintritt der Babyboomer-Generation den Fachkräftemangel befeuert, wird auch ein großer Schwung älterer Ehrenamtlicher in der Kirche sich bald verabschieden - und eine Lücke hinterlassen.
Ein simples Motiv ist der Hauptgrund, sich ehrenamtlich zu engagieren
Es gilt also, besonders die Jüngeren in den Blick zu nehmen und ihnen Raum zu geben. Menschen, die als Erwachsene ehrenamtlich in der Kirche arbeiten, haben fast alle in der Jugend damit angefangen. Von den 14- bis 19-Jährigen Gemeindemitgliedern engagieren sich heute fast 50 Prozent , sagte Christiane Metzner. Um sie auch später nicht zu verlieren, müssten Gemeinden Menschen schon früh nach ihren Talenten und ihrer Motivation befragen und gezielter einsetzen. Denn der Hauptgrund, sich ehrenamtlich zu engagieren ist durch alle Generationen hinweg ein simpler: Spaß, dicht gefolgt von dem Wunsch, helfen zu wollen. Während Menschen unter 30 Jahren mit ehrenamtlicher Arbeit außerdem vor allem neue Qualifikationen erlernen wollen, ist für die über 60-Jährigen die Gemeinschaft ausschlaggebend.
Mikro-Engagement ist die Zukunft
Und auch die zeitliche Verfügbarkeit Ehrenamtlicher verändert sich. Der Trend geht vom Langzeit- zum Mikro-Engagement: projektbezogen, als einmaliger Einsatz oder spontane Unterstützung - so, wie es in den ersten Wochen nach Beginn des Ukraine-Krieges in Berlin herausragend funktionierte: Tausende Menschen jedes Alters halfen im Frühjahr 2022 im Schichtdienst an den Bahnhöfen, die ankommenden Geflüchteten aus der Ukraine zu versorgen.
98 Prozent der Menschen möchten sich engagieren, nur wenige in der Kirche
"Bei der Kirche gibt es einen besonders hohen Anteil an Ehrenamtlichen, die mitmachen, weil sie gefragt wurden", erklärt Sabine Metzner. In den Gruppen diskutierten die Synodalen, was dazu nötig sei: Lust und Talente fördern, nicht wie eine geschlossene Gesellschaft wirken. Und auch Milieus und Zielgruppen anfragen, die der Institution Kirche womöglich anfangs skeptisch gegenüber stehen. Die Zahlen stützen diese Strategie: Zwar wären 98 Prozent der Menschen bereit, sich sozial zu engagieren, aber nur für 6 Prozent käme die Kirche als Ort dafür infrage. Im Jahr 2009 waren es noch 13 Prozent.
Die große Aufgabe ist also Imagepflege und Öffentlichkeitsarbeit. Nur wer auf der Gemeinde-Website, in den Medien oder von anderen Menschen erfährt, dass Engagement in der Kirche vielfältig möglich und nicht an eine Mitgliedschaft gebunden ist, kann sich auch einbringen. Vanessa Henning, Leiterin der Freiwilligenagentur Charisma von Kirche und Diakonie in Berlin, wies auf die berlinweite Datenbank hin: Bei Charisma können auch Kirchengemeinden ihre Ehrenamts-Gesuche eintragen. Derzeit finden sich derzeit fast 700 Stellen für ehrenamtliche Arbeit.
Mancher muss die Willkommenskultur noch üben
Ein klares Aufgabenprofil und ein fester zeitlicher Rahmen sind wichtig für neue Ehrenamtliche. "Manche werden viel zu viel eingespannt, weil sie wissen, dass sie wichtig sind und schlecht Nein sagen können", erzählt ein Synodaler. Ein fester Ansprechpartner in der Gemeinde ist also Pflicht. Das ist allein deshalb nötig, weil die Willkommenskultur mancherorts ausbaufähig ist: Wenn aus langjährigen Ehrenamtlichen eingeschworene Kreisen entstehen, die neue Mitstreiter und ihre Ideen erst einmal skeptisch beäugen, braucht es Begleitung - und notfalls auch klare Worte.
Das Thema Ehrenamt interessierte übrigens nicht nur die Synodalen, sondern auch die Gäste: Neben dem Präses der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz Harald Geywitz waren auch Arne Herz, Bezirksstadtrat für Bürgerdienste und Soziales und Bezirksverordnetenvorsteherin Judith Stückler zeitweise zu Gast und diskutierten mit.
Die Referentinnen werten nun die Diskussion und die Gruppenarbeiten aus. Die Ergebnisse nimmt die AG Zukunft als Grundlage für ihre weitere Arbeit an diesem Thema mit. Die Arbeitsgruppe der Evangelischen Kirche in Charlottenburg-Wilmersdorf entwickelt Strategien und Ideen, wie sich in den kommenden Jahren aufstellen wird, welche Aufgabe sie gesellschaftlich übernehmen möchte und welche inhaltlichen Schwerpunkte im Fokus stehen.
Und was passierte noch auf der Frühjahrssynode 2023?

Die Synode beauftragte Sebastian von Eitzen als Kreisposaunenwart der Evangelischen Kirche in Charlottenburg-Wilmersdorf. Der 27-jährige Lehramtsstudent leitet den Posaunenchor der Trinitatiskirche und war mit diesem im vergangenen Dezember auf der ersten Weihnachtsbus-Tour im Bezirk unterwegs. Er folgt auf Dr. Hartmut Meyer aus der Luisenkirchengemeinde.

Im Gottesdienst führte Superintendent Carsten Bolz Phillip Balt in sein Amt als "Kreiskirchliche Ansprechperson" an. Hinter dem technokratischen Begriff steckt eine wichtige Aufgabe: Phillip Balt ist künftig für alle Menschen Ansprechpartner, die übergriffiges Verhalten oder gar sexualisierte Gewalt in der Evangelischen Kirche in Charlottenburg-Wilmersdorf beobachtet oder erlebt haben.
T/F: JK
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